Die Menschheit spielt Poker, dabei verlieren immer diejenigen, die an dem ganz großen Spiel gar nicht teilnehmen. Wir alle, ob wir das wollen oder nicht, sind Teile einer Verdauungskette: Die Stärksten verschlingen die Schwächsten, ohne vorher an ihnen gekaut zu haben.
Das Interessante daran ist, wie dieser Hunger bei den Meisten sich in einen Wunsch transformiert, alles zu “beherrschen, dominieren, erniedrigen“. Die Mehrheit verspürt dabei überhaupt keinen Hunger, sie ist bloß gierig.
So benehmen sich unfähige Fischer – sie können auf normale Art und Weise keinen Fisch fangen, daher bedienen sie sich der Dynamitfischerei.
Ganze Völker sind von dieser Gier befallen, manche können sie geschickt verbergen, andere wiederum, vielleicht wegen einiger Besonderheiten in deren Mentalität, Geschichte oder aus anderen Gründen, können das nicht. Wenn man Pech hat und an die letztere dieser Spezies gerät, läuft man Gefahr, ein Teil seines Bauchs oder gar ein Glied zu verlieren.
Mein Land ist wie ein stolzer Paralympiker mir abgebissenen Süd- und Ostgliedern seines Körpers. Hoch erhobenen Hauptes bleibt es noch stehen. Es hält aus der letzten Kraft durch und versucht sogar voran zu kommen.
Als Schüsse auf den Straßen ihrer Kleinstadt losgingen, zogen sie in unsere „schreckliche“ „feindliche“ Bandera-stadt. Die in Kinderzeichnungen eingefangenen Lichtreflexe an den Wänden der Plattenbauten aus Chruschtschows Zeiten fingen langsam an, abzublättern.
Ich sah das Mädchen, als es übermüdet und leer gemeinsam mit den Eltern die Wohnungstür ihrer neuen Wohnung aufschloss. In einer Hand hatte sie eine aufgeblähte Tasche, in der anderen einen schwarzen Backstein mit einer Kinderzeichnung drauf: Kleines Mädchen hält einen rosafarbenen Luftballon.
Diese Familie landete in einer unbekannten, weit von zuhause entfernten, Welt. Mich, einen Teenager, der mit seinem laut klirrendem Schlüsselbündel in der Hand durch das Treppenhaus zu seiner Wohnung lief, bemerkten sie gar nicht.
„Ich bin näher zur Pubertät als zu meinem Zuhause…“, sagte sie, als wir eines Abends gemeinsam im Treppenhaus rauchten. Damals nickte ich einfach, machte meine Kippe aus und ging nach Hause.
Ich habe Angst von fremden Gedanken. Wenn ich mir anschaue, was zurzeit um mich herum passiert, fange ich an, zu denken, dass die Drehbücher, die das Leben für uns bereithält, vollkommen absurd und stumpfsinnig sind. Ich weigere mich, so etwas zu lesen, geschweige denn, eine Rolle in diesem Theaterstück zu spielen.
Ihr Zimmer lag Wand an Wand mit meinem. Deswegen wachte ich jede Nacht mit ihr auf, als sie vom Tod und Hass träumte.
Einmal, sagte sie, an der Zigarette aus der Schachtel vom Vortag saugend, als wir uns am nächsten Abend an der gleichen Stelle wieder sahen, kam ich nachts ins Zimmer meines Vaters, um dort zu lüften… Seit er aus dem Krieg zurückgekommen ist, schläft er in Schutzweste und mit geladener Waffe neben sich.
Mit einem Pfeifen stieß sie eine Rauchwolke aus, schwieg eine Weile, zuckte zusammen und sprach sehr leise weiter:
– Er… Fuhr hoch… Richtete die Waffe auf mich…Ich… Ich wollte doch nur…
Sie lehnte sich an meinen verwirrten Körper und weinte.
Ich streichelte leicht ihre bebende Schulter, machte die Kippe aus und ging.
In der folgenden Nacht hat sie geschrien. Ich legte meine Hand an die Wand. Als sie sich beruhigte, hörte ich ihre Stimme:
– Hörst du mich?
Ich hörte, aber…
– Hörst du denn mich?..
Ich schwieg, denn ich wusste nicht wie ich ihr helfen könnte, ihr Leben wieder in die richtige Bahn zu kriegen.
Ihr Zuhause liegt weit weg. Während sie sich in einer ihr fremden Wohnung erschrocken umschaut, wird ihr Zuhause vom Kriegsgräuel aufgefressen.
Welt ist eine Waage. Schwere und Starke überwiegen Leichte und Schwache. Sie haben Macht, Waffen, sie sind sich ihres Rechtes sicher. Sie meinen, dass es ihr natürliches Recht sei, immer mehr zu bekommen.
Die Welt ist aber dem Mensch für die Liebe gegeben und nicht fürs Blutvergießen. Die Habgier hat allerdings in sehr vielen diese einfache aber die einzige Wahrheit getötet.
Ich bin ein anderes Du. Es ist doch völlig gleichgültig welches Geschlecht wir haben, wie alt wir sind, welcher Konfession angehören.
Wir alle leben im gleichen Haus, auch wenn in seinen verschiedenen Ecken. Die Erde dreht sich, im Weltall hört man unsere Schüsse, Gezetere und Hass nicht. Deshalb darf man nicht vergessen, dass wir vor allem dabei uns selbst ruinieren.
Das Universum ist riesengroß, also wird sich bei ihm nichts besonders ändern, wenn plötzlich ein Planet verschwunden sein würde.
Schöpfen und nicht zerstören!
Leuten die Möglichkeit geben, in ihren eigenen Häusern zu leben, ohne Angst vor Schüssen und dem Tod zu haben!
Lieben!
Sie wird es mit ihrem Leben hinkriegen. Ich bin dem sicher! Die Wunden jedoch, die ihre Seele abbekommen hat, werden höchstwahrscheinlich für immer bleiben.
Sie wird lächeln, die Wunden – schmerzen.
Sie wird lieben, die Wunden – schmerzen.
Sie wird von einem Ort zum anderen ziehen, aber… Ihr Zuhause wird sie nur einen Ort nennen, das kleine vom Krieg zerschmetterte Städtchen im Osten ihres zerfetzten Heimatlandes.
Übersetzung aus dem Ukrainischen: Viktoria Puskar